Jahrringanalysen bei der Besenheide (Calluna vulgaris)
Wenn Pflanzen periodischen Umweltschwankungen, wie beispielsweise den Jahreszeiten, ausgesetzt sind, bilden sie im Laufe des Jahres sog. Jahrringe aus. Wenn in den Frühlingsmonaten die Bedingungen für Pflanzen besser werden, entwickeln sie große Zellen mit dünnen Zellwänden, wodurch der Transport von möglichst viel Wasser und Nährstoffen gewährleistet wird. Dieses Holz ist der helle Anteil des Jahrrings und wird Frühholz genannt. In den Herbstmonaten werden die Bedingungen allmählich wieder schlechter und die Pflanze stellt sich auf die Winterruhe ein. Jetzt werden kleine Zellen mit verdickten Zellwänden ausgebildet, was eine dunkle Holzfärbung mit sich bringt. Dieses Holz wird deswegen auch Spätholz genannt und ist verantwortlich für die visuelle Ausbildung des Jahrrings.
Mit jährlich wechselnden Umweltbedingungen bilden sich unterschiedlich breite Jahrringe aus, die zudem auch zwischen den Individuen einer Population variieren.
Bei Untersuchungen zwischen 2017 und 2019 wurden beim Blühverhalten weitere charakteristische Unterschiede festgestellt. Es sollen nun die Fragen geklärt werden, ob es einen Zusammenhang zwischen den individuellen Jahrringbreitenmustern und dem Blühverhalten der Besenheide gibt, und ob sich darüber hinaus Rückschlüsse auf das Blühverhalten der einzelnen Pflanzen ziehen lassen.
Die Anzahl an gebildeten Blüten und Früchten ist ein Maß für die reproduktive Kapazität und somit für die Entwicklung der Bestände der Besenheide (Calluna vulgaris) und beeinflusst darüber hinaus das Vorkommen und die Verbreitung von Bestäubern. In Anbetracht der großen Gesellschaften, die von C. vulgaris in der Heide ausgebildet werden, kann das Verständnis über die zugrundeliegenden Prozesse der individuellen Blühphänologie helfen, die zukünftige Entwicklung von Beständen abzuschätzen. Daraus können wiederrum Schlussfolgerungen bezüglich der Produktivität und Resilienz (Fähigkeit eines Ökosystems nach einer Störung wieder in den Ursprungszustand zurückzukehren) von Ökosystemen gezogen werden. Dadurch kann eine effektivere naturschutzfachliche Landschaftspflege für den Lebensraumtyp der Trockenen europäischen Heide (LRT 4030) entwickelt und angewendet werden.
Für die Untersuchung der Jahrringe wurden 2020 150 Individuen beprobt. Es wurden Hand- und Dünnschnitte durchgeführt um festzustellen, ob die letztere, sehr zeit- und kostenintensive Methode zwingend notwendig ist. Es hat sich gezeigt, dass Dünnschnitte nichtsdestotrotz wesentlich sind, da es zum einen teils sehr schmale Jahrringe, aus nur wenigen Zellreihen bestehend, gibt, die in Handschnitten schwer zu identifizieren sind. Zum anderen können Jahrringe auch Anomalien ausbilden. Sog. „falsche Jahrringe“ entstehen, wenn in der Vegetationsperiode schlechte Bedingungen vorherrschen, wie beispielsweise die sehr trockenen Sommer 2018 und 2019. Die Pflanze reagiert mit Spätholz-Bildung. Durch die im Herbst folgenden Regenfälle verbesserten sich die Situation wieder und es wurde nochmals Frühholz ausgebildet.
Beispiel einer Jahrringserie, welche gut mit den gemessenen Niederschlägen korreliert. Im Außenbereich sind wieder „falsche Jahrringe“ zu sehen.
Die linke Abbildung zeigt einen Handschnitt mit beispielsweise drei schmalen Außenringen. Die Dünnschnitt-Aufnahme zeigt jedoch, dass es sich um „falsche Jahrringe“ handelt. Dort sind die Anomalien mit Pfeilen und Jahrringe mit Linien gekennzeichnet.
Handschnittaufnahme einer Calluna-Probe
Dünnschnittaufnahme derselben Probe
Weiter nehmen wir an, dass es in den Pflanzenorganen zu unterschiedlichen Ausprägungen der Jahrringe kommen kann. Aus diesem Grund wurde bei jeder der 150 Pflanzen jeweils einmal der Spross-, Wurzelhals- und Wurzel-Abschnitt beprobt. Die Analysen ergaben, dass die Jahrringserien der verschiedenen Abschnitte einer Pflanze in der Regel übereinstimmen.
Links der Spross, in der Mitte den Wurzelhals und rechts die Wurzel (zu erkennen am fehlenden Mark in der Mitte). Der Sprossabschnitt weist lediglich vier Jahrringe auf, da die Fläche, auf der die Probe genommen wurde, vier Jahre zuvor gebrannt wurde.
Durch die Aufspaltung der Farbkanäle werden die Jahrringe besser sichtbar, was bei ihrer Identifizierung hilft.
Die Untersuchungen konnten eine hohe Variabilität zwischen den Individuen bestätigen. Das durchschnittliche Alter der bis dato untersuchten Individuen liegt bei 16 Jahren.
Darstellung der Jahrringreihen im unteren Bereich. Die obere Kurve repräsentiert die Niederschläge in der Kyritz-Ruppiner Heide mit dem kritischen Schwellenwert (rot gestrichelt), welche die Besenheide für eine langfristige Erhaltung benötigt.
Aus den einzelnen Jahrringserien wird eine sogenannte Chronologie erstellt, welche auf dem zweiten Diagramm zu sehen ist. Es zeigt sich, dass diese mit der Niederschlagskurve in Wechselwirkung steht. Ein Indiz dafür, dass der Niederschlag ein ausschlaggebender Faktor für das Wachstum von Besenheide ist.
Chronologie der einzelnen Jahrringserien
Die Ermittlung der Jahrringe ist noch nicht für alle Individuen abgeschlossen, weshalb es noch keine Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs mit der Blühphänologie gibt.