ESA – Living Planet Symposium
NaTec KRH zu Gast bei der Europäischen Weltraumbehörde
Vom 23. bis 27. Mai fand das Living Planet Symposium statt, in diesem Jahr unter deutscher Schirmherrschaft in Bonn und mit Unterstützung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, wie die Erdbeobachtung zu Errungenschaften in Wissenschaft und Gesellschaft beiträgt, und auf welche Weise bahnbrechende Technologien und Akteure die traditionelle Landschaft der Erdbeobachtung verändern. Durch die Arbeit in vielen verschiedenen Sektoren und Anwendungen tun sich so auch neue Möglichkeiten für die Interaktion zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor auf.
Im World Conference Center wurden hunderte Vorträge zu unterschiedlichsten Themen gehalten, die über laufe Projekte, Potenziale, Forschungsziele und Anwendungen berichteten. Die ersten beiden Tage wurden unter anderem dem Überbegriff der Biodiversität gewidmet. Neben neuen Erkenntnissen wurde auch eine mögliche Rolle der Erdbeobachtung bei der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft und einer widerstandsfähigen Gesellschaft thematisiert. In diesem Rahmen war auch Dr. Carsten Neumann vom GFZ zu hören, der von NaTec und den dortigen Aktivitäten berichtete. Die Vortragsreihe zur Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen wurde so um das Thema der Sukzession und Resilienz auf militärischen Übungsplätzen ergänzt.
Schätzungen zufolge sind bis zu sechs % der terrestrischen Erdoberfläche weltweit von aktiven oder ehemaligen Truppenübungsplätzen bedeckt. Aufgrund intensiver Störungen durch schwere Fahrzeuge, Munitionsexplosionen oder regelmäßige Brände haben sich über lange Zeiträume heterogene und zeitlich variable offene Landschaften außerhalb städtischer oder landwirtschaftlicher Nutzung entwickelt. Ihre Verbreitung und Ökosystemdynamik sind jedoch nur wenig beschrieben, da sie groß, unzugänglich und gefährlich zu begehen sind. Im Hinblick auf ihren potenziell hohen Naturschutzwert und damit ihren möglichen Beitrag zur Erweiterung der globalen Schutzgebietsnetze, wie z. B. Natura 2000, müssen diese Offenflächen überwacht werden, um ein besseres Verständnis der Prozesse und der Dynamik, insbesondere der Sukzessions- und Resilienzmuster, zu gewinnen.
Dr. Neumann berichtete, wie Zeitreihen von Satellitenbildern der USGS Landsat und der ESA Copernicus Sentinel-2 Missionen genutzt wurden, um die Entwicklung von Lebensräumen auf 15 dieser ehemaligen Truppenübungsplätze in Deutschland zwischen den Jahren 1992 und 2018 zu kartieren. Der Algorithmus des Habitat Samplers macht es möglich, Habitat-Typ-Wahrscheinlichkeiten abzuleiten, die zwischen verschiedenen Gebieten übertragen werden kann. Damit wurde zum ersten Mal die natürliche Sukzessionsdynamik der Resilienz von Lebensräumen gegenübergestellt, die sich in der Entflechtung von Trends und Auslösern des Ökosystemwandels in Satellitenbildern zeigt. Das Projekt hat gezeigt, dass sich raumzeitliche Verteilung der Sukzessionsverläufe vom offenen Boden über Gras- und Feuchtwiesen bis hin zur Verbuschung sowie einzelne Lebenszyklusstadien der Heidepflanze Calluna vulgaris, quantitativ kartieren lassen. Die Forschungen zeigen unterschiedliche Muster in der Lebensdauer von Habitaten. Abweichungen gibt es insbesondere bei natürlicher Sukzessionsdynamik in Abhängigkeit von Störungsereignissen, entweder vom Menschen verursacht (kontrolliertes Abbrennen, Mähen, Beweidung) oder passiv-dynamische Effekte (natürliche Brände, Alterungsprozesse). Darüber hinaus hängt die Widerstandsfähigkeit von Lebensräumen in ökologisch dynamischen und koexistierenden Sukzessionspfaden entscheidend von der Intensität, dem Zeitpunkt und den Hintergrundbedingungen der Bewirtschaftung oder Pflege, und dem natürlichen Störungsregime ab. Die Ergebnisse zeigen, dass eine weltraumgestützte Beobachtung von Habitaten Frühindikatoren liefert, um die Biodiversität auf Truppenübungsplätzen in Zukunft zu erhalten und zu erhöhen. Diese Informationen können genutzt werden, um fortschrittliche Schutz- und Managementmaßnahmen zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von Erhaltungszielen umzusetzen.
images & text by Neumann, Göpfert, DLR