Habitat Sampler Workshop
Ein neues Verfahren zur Ausweisung von Lebensräumen in Satellitenbildern
Vom 28. bis 30. September 2022 fand unser Workshop „Vorstellung des Habitat Samplers“ in Rheinsberg statt. Der Einladung waren 17 Teilnehmer*innen aus Bundes- und Umweltbehörden, Universitäten, Forschungseinrichtungen und mehreren Privatunternehmen im Bereich GIS und Umweltplanung gefolgt. Der Fokus des Workshops lag auf dem Habitat Sampler, ein von Dr. Carsten Neumann am Deutschen GeoForschungsZentrum entwickelter, neuartiger Algorithmus zur schrittweisen Abgrenzung von Lebensraumtypen und Habitaten in Bildzeitreihen. Das Ziel war es, den Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Anwendung des Habitat Sampler zu vermitteln und damit ein neuartiges Werkzeug für ihre (Naturschutz)-Praxis zu liefern sowie gemeinsam über Potentiale, Probleme und mögliche Fragestellungen zu diskutieren.
Der Workshop fand unter Leitung und Organisation der Heinz-Sielmann-Stiftung (HSS) und des Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) statt und wurde begleitet von Dr. Carsten Neumann (GFZ), Irina Stockmann (HSS), Vanessa Ochlast (GFZ) und Erik Janner (HSS). Der erste Tag widmete sich vorwiegend den theoretischen Grundlagen: Was Fernerkundung im Bereich Naturschutz und Biodiversität leisten kann, welchen Einfluss Sensoren unterschiedlicher räumlicher und spektraler Auflösung auf das Erkennen von Bewertungskategorien haben und welche Plattformen zum Download und zur Datenvisualisierung von kostenfreien, multispektralen Satellitendaten empfehlenswert sind. Die Kyritz-Ruppiner-Heide und die Lieberoser Heide dienten als Beispiel dafür, wie mit Satellitendaten und dem Habitat Sampler Managementmaßnahmen, Calluna-Lebenszyklen und Sukzessionsstadien überwacht werden können. Im weiteren Verlauf des Tages wurde die Philosophie und Funktionsweise des Habitat Sampler erläutert und der Unterschied zu klassischen Machine-Learning-Algorithmen aufgezeigt. Der erste Workshoptag endete mit einem Praxisteil, bei dem die Teilnehmer*innen in QGIS auf Grundlage der theoretischen Einführung und anhand von zur Verfügung gestellten Satellitenszenen, die den südöstlichen Ausschnitt der Kyritz-Ruppiner-Heide umfassten, Referenzklassen (ein Punkt pro Klasse) festlegen sollten, die der Habitat Sampler in den beiden kommenden Tagen ausweisen sollte.
Der zweite Tag bot eine Mischung aus Geländeerfahrung und intensivem Praxisteil. Beginnend mit dem ersten von drei R-Skripten, die Dr. Carsten Neumann für den Praxisteil zusammengestellt hatte, erfolgte die Einführung in die kostenfreie Programmiersprache R, mit der der Habitat Sampler geschrieben und als R Paket HaSa genutzt werden kann. Das erste Skript umfasste das Importieren von Raster- und Vektordaten, deren Verschneidung und Darstellung sowie die Darstellung von Zeitreihenspektren. Es folgte ein vierstündiger Ausflug in die anfangs nebelverhangene Kyritz-Ruppiner-Heide. Der Ausflug bot den Teilnehmer*innen ein besseres Verständnis von Sukzessionsstadien und Calluna-Lebenszyklen und den dort durchgeführten Managementmaßnahmen. Im Gelände wurden den Teilnehmer*innen unterschiedliche Heideformationen, die Wiederaustriebsstärke von Calluna vulgaris nach Mahd und Brand sowie Problematiken, d. h. die Degeneration von Heide, die Vergrasung und die Verbuschung gezeigt. Nach dem Ausflug folge die praktische Arbeit mit dem zweiten R-Skript, welcher die Anwendung des Habitat Sampler beschrieb. Den Teilnehmer*innen boten sich nun mehrere Möglichkeiten: Sie konnten sowohl die eigenen im Rahmen des Workshops festgelegten als auch die zur Verfügung gestellten Referenzen nutzen. Darüber hinaus konnten sie unterschiedliche zur Verfügung gestellte Satelliten-Datensätze verwenden, die sich in dem Aufnahmejahr und der Flächengröße unterschieden. Alternativ konnten sie ihr eigenes Untersuchungsgebiet mit eigenen festgelegten Referenzen untersuchen.
Am dritten Tag setzten die Teilnehmer*innen mit der intensiven Datenauswertung fort und nutzten hierfür auch das letzte R-Skript, mit dem Ergebnisse dargestellt und exportiert werden konnten. Die Ergebnisse der Teilnehmer*innen mündeten schließlich in eine vergleichende Auswertung und Abschlussrunde, in der gemeinsam diskutiert wurde, was bei der Ausweisung der Habitate gut funktionierte, an welchen Stellen Schwierigkeiten auftraten und wie man diese reduzieren oder vermeiden könnte. Die meisten Teilnehmer*innen wählten für die Anwendung des Habitat Sampler den südöstlichen Ausschnitt der Kyritz-Ruppiner-Heide im Jahr 2021 mit ihren selbst festgelegten Referenzklassen, darunter Altheide, junge Heide, Heide nach Brand, Heide nach Mahd, Boden, Grünland, Nadel- und Laubwald. Unter den Ergebnissen befanden sich zudem zwei eigene Untersuchungsgebiete: Einmal ein durch Schilf, Pfeiffengraswiese, Nasswiese, mesophiles Grünland und Trockenrasen gekennzeichnetes FFH-Gebiet, das innerhalb des Nationalen Naturmonuments ?Grünes Band? an der Grenze von Thüringen und Bayern liegt. Und ein im Südosten des brasilianischen Nationalparks Catimbau gelegenes Gebiet, welches in die Klassen unbedeckter Boden, spärliche Vegetation, Sukzession und Wald differenziert wurde. Der Workshop endete mit einem Ausblick auf MiSa.C ? der Habitat Sampler umgesetzt als nutzerfreundliche Gui für Anwender ohne R Kenntnisse. An dieser Stelle bedanken wir uns nochmal bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen für die aktive Mitarbeit, Anregungen und Diskussionsbeiträge.
images & text by Irina Stockmann, Elisabeth Göpfert (Heinz Sielmann Stiftung) & Carsten Neumann (GFZ Potsdam)